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Kleinod zu entdecken!  

Händel-Festspiele Halle 2016

Kleinod zu entdecken!  

VON ANDREAS MONTAGWas für ein schönes Haus! Doch anders als das ebenso reizvolle, wenn auch weniger prächtig gebaute Goethe-Theater im historischen Kurpark von Bad Lauchstädt kann das Bernburger Carl Maria von Weber-Theater noch mit dem zusätzlichen Reiz wuchern, als Entdeckung gehandelt zu werden. Von Lauchstädter Musenfreuden, die man dort seit Goethes und Schillers Zeiten zwar unter äußerlich eher spartanischen Bedingungen, doch künstlerisch üppig auszureichen pflegt, hat zumindest jeder Musik- und Theaterfreund auch über die mitteldeutsche Region hinaus schon einmal gehört. Bernburgs Bühne hingegen (wie die Stadt überhaupt) wird Aufmerksamkeit noch vertragen können, dankbar entgegen nehmen - und hat sie eben auch verdient. Um so schöner, dass die Händel-Festspiele Halle, seitens ihrer Intendanz ohnehin mit einem lobenswerten, wenn auch in der Vergangenheit nicht immer entsprechend honorierten Hang zur Region gesegnet, nun in Bernburg Station machen - mit der zauberhaften Produktion „Hippolyte et Aricie ou la Belle-Mère Amoureuse“, einer Opernparodie von Jean-Philippe Desrousseaux, die hier in deutscher Erstaufführung gezeigt wird. Die Inszenierung des französische Ensembles PhilidOr bietet vergnügliches Theater im Theater, sie wird in Originalsprache mit deutschen Übertiteln gezeigt. Das Hör- und Sehvergnügen für Sänger, Musiker und Puppenspieler wurde produziert vom Centre de musique baroque de Versailles mit dem Teatru Manoel (Malta), dem Théâtre Montansier (Versailles) sowie der Vichy Opera, unterstützt vom Institut français de Prague. Der 80-minütige Spaß auf höchstem Niveau bringt eine neue Farbe in das Bernburger Theater, das eine ebenso reiche wie wechselvolle Geschichte hat und seit dem Beginn der 1990er Jahre wieder ist, was es seit dem 19. Jahrhundert schon war: ein Haus für Gastspiele. Allein aber durch seine schöne Architektur, außen wie drinnen, ist der Besuch ein Gewinn. Begründet wurde das Bernburger Theater vergleichsweise spät. Die Fürsten von Anhalt-Bernburg waren 1763 umgezogen und hatten ihre Residenz nach Ballenstedt verlegt. Dort gab es ab 1788 ein Hoftheater. Bernburg, von wo aus das Fürstentum weiter regiert wurde, ging in Sachen Bühne zunächst leer aus. Die Bürger aber verlangte es nach Theaterkunst, und sie hatten das Glück der Kunstsinnigen dann auf ihrer Seite: 1825 zog der 20-jährige Erbprinz Alexander Carl in das Bernburger Schloss. Und zum eigenen Hofstaat sollte natürlich auch ein Theater gehören. Die Bernburger waren hoch erfreut, wie man in der Geschichte des Theaters lesen kann. Und sie ließen sich diese Freude etwas kosten: Sie beteiligten sich am Bau durch den Kauf von Aktien sowie durch die unentgeltliche Übernahme von Transportarbeiten. 

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Händel-Festmacht im Bernburger Theater Station und lässt die Puppen tanzen.

23.5.2016

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Das Bernburger Theater - von einem Fürsten begründet, zur Freude der Bürger FOTO: THEATER BERNBURG
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Parodiemit Puppen  
FOTO: DTOMBAREL

Befördert also vom Kunstwillen des Fürsten wie von dem des gebildeten Bürgertums, hat es Bernburg zu einer Bühne gebracht, an die bis zum Tode Alexander Carls 1863 jährlich wechselnde Schauspielgesellschaften engagiert wurden, die während der Wintermonate abwechselnd in Bernburg und Ballenstedt ihr Publikum unterhielten.

Nach dem Ende Anhalt-Bernburgs wurde es im herzoglichen Schauspielhaus immer ruhiger, wie die Chronik berichtet. Als der Fiskus die Schlösser Bernburg und Köthen 1870 kaufte, diente das Haus schließlich als Lager für einiges Mobiliar beider Schlösser. 1881 bat der Bernburger Magistrat den Herzog in Dessau, der Stadt das Gebäude zu schenken. Der tat es. Und am 4. Januar 1882 wurde das nunmehr städtische Schauspielhaus eröffnet. Das Dessauer Hoftheater spielte zu diesem Anlass Goethes „Iphigenie“.

Wechselvoll ging es weiter mit dem Haus. Während der NS-Zeit erhielt dort eine Landesbühne Magdeburg- Anhalt ihren Sitz, die an zahlreichen Orten auftrat.

Nach 1945 gab es dann ein eigenes Ensemble, das über alle Höhen und Tiefen bis zum Beginn der 1990er Jahre bestand. Nun ist das Haus auf das Schönste renoviert und empfängt, wie ehedem, zu Gastspielen. Jetzt etwa, zum Händel-Fest, wenn das französische Ensemble die Puppen ein barockes Tänzchen wagen lassen will.

„Hippolyte et Aricie ou la Belle-Mère Amoureuse“: am 4. Juni um 16 Uhr im Carl Maria von Weber-Theater Bernburg

AUTHENTISCHE ORTE

Woman sich dem Meister nahe fühlt  


VON ANDREAS MONTAG

Es sind die authentischen Orte, die diese Festspiele so besonders machen. Und attraktiv für die Gäste, die aus allen Teilen Deutschlands und zahlreichen Ländern nach Halle kommen - viele von ihnen Jahr für Jahr. Das hat seinen Grund im erlesenen Programm, gewiss. Doch großartige Ensembles und Solisten kann man auch anderswo erleben.

Hier aber, in Halle, ist Händel geboren und getauft worden, hier wuchs er auf und setzte sich (freilich mit Hilfe des Herzogs von Sachsen-Weißenfels, der den Knaben begabt fand) gegen den ursprünglichen Willen des Vaters durch. Der war Chirurg und Kammerdiener in einer Person, für Georg Friedrich hatte ihm ursprünglich etwas Handfestes wie die Juristerei vorgeschwebt. Dann durfte der Junge doch Unterricht bei dem halleschen Komponisten Friedrich Wilhelm Zachow nehmen.

Der unterwies Händel im Orgelspiel, Schauplatz war die Marktkirche zu Halle. Jene, in der Luther gepredigt hat, in der er, Händel, selbst getauft worden ist - und deren große Orgel 1716 von seinem Kollegen Johann Sebastian Bach eingeweiht wurde. Zu diesem Zeitpunkt war Händel schon längst über alle Berge, 1703 verließ er die Stadt Halle in Richtung Hamburg, später zog es ihn zum Studieren nach Italien und schließlich nach England, wo er zum Star aufstieg.

Der Umstand, dass Händel eben erst jenseits der Heimat berühmt geworden ist, schmälert indes die Faszination keineswegs, die Halle auf die Händel-Fans ausübt. Das hat nicht zuletzt mit den steinernen Zeugen zu tun, die erhalten und immer noch voller Leben sind.

Neben der Marktkirche ist dies das Händel-Haus selbst, in dem ein Museum den großen Sohn der Stadt ehrt. Geführt wird es von Clemens Birnbaum, der zugleich Intendant der Händel-Festspiele ist. Eine glückliche Verbindung, denn es ist in dieser Konstellation davon auszugehen, dass die Linke sehr genau weiß, was die Rechte tut. Man kennt das auch anders, gerade in der Kultur.

Aber auch das Theater in Bad Lauchstädt, einem von Goethes Musenorten, trägt nicht wenig zum Charme des Festes bei. Dorthin laden die Händel-Festspiele regelmäßig ein. Nach Bernburg ebenso, wie nebenstehend zu lesen ist. Und in Halle werden unter anderem Stadtführungen zu Orten der Händelzeit angeboten. Es ist eben die Aura, die das Besondere macht.

Das Festspiel-Programm im Internet:

Händel für Kinder und auch mal umsonst

Angebote von Jazz bis Puppenspiel


VON ANDREAS MONTAG

Zu den Vorzügen der halleschen Händel-Festspiele zählt nicht zuletzt ihre thematische Breite und Vielfalt. Neben klassischen Wiedergängern wie der Aufführung des „Messiah“ in der Marktkirche und den Höhenfeuerwerken jeweils zum Abschluss der beiden großen Open-Air-Konzerte in der Galgenbergschlucht gibt es die großen Festkonzerte, Opern und Oraratorien, auch Jazz-Begegnungen und die Internationale Wissenschaftliche Konferenz.

Was das Fest aber besonders sympathisch macht, ist die Selbstverständlichkeit, mit der hier jedermann willkommen ist - ausdrücklich auch Kinder, gern in Familie. Dabei geht es zunächst vielleicht weniger um den vordergründigen Gewinn neuer Gäste, so willkommen die sind, sondern vielmehr darum, Händel und das Fest zu seinen Ehren in seiner Geburtsstadt dauerhaft, also immer aufs Neue zu verorten. Andernfalls schwebten die Festspiele über der Stadt. Doch davon war und ist man in Halle weit entfernt, bei aller Exklusivität einzelner Konzertangebote.

Es kommt dabei der Spaß für jedermann doch nicht zu kurz: So wird am 11. Juni ab 15 Uhr im Hof des Händel-Hauses ein buntes Nachmittagsprogramm für Familien geboten, bei dem sich Kinder selbst am Bau kleiner Musikinstrumente versuchen können.

Wer aber lieber nur zuschauen will, wird (ebenfalls in Familie) am 11. Juni ab 14 Uhr im Händel-Haus bei „Händels Hamster“ auf seine Kosten kommen - sofern er denn noch eine Karte ergattert. Gezeigt wird eine burleske, witzige Puppengeschichte um den großen Komponisten und ein begabtes Kleintier. Das ist überhaupt nicht respektlos, im Gegenteil: Indem er Mensch sein darf, wird Händel die schönste Ehre zuteil.

Dienstag,7. Juni

Halle
- Dom zu Halle

Händels iPOD
Kompositionen des 16. und 17. Jahrhunderts
Was klang dem jungen Händel in den Ohren?
Musikalische Leitung:
Katharina Bäuml (Schalmei)
Capella de la Torre
19 Uhr

Mittwoch,8. Juni

Halle
- Händel-Haus

Händels Halle
Eine besondere Stadtführung rund um das Händel-Haus
Zu Fuß am Treffpunkt im Händel-Haus beginnend,werden Einblicke in die Historie und Gegenwart des Stadtviertels rund um Händels Geburtshaus geboten.
Dauer ca. zwei Stunden
15 Uhr

Donnerstag, 9. Juni

Halle
- Georg-Friedrich-Händel Halle
Handel goes wild
Improvisationen über Werke von Georg Friedrich Händel
Musikalische Leitung:
Christina Pluhar (Theorbe)
Solisten:Nuria Rial (Sopran),
Valer Sabadus (Altus),
Gianluigi Trovesi (Klarinette)
L’Arpeggiata
20 Uhr

Freitag, 10. Juni

Halle
- Hallmarkt

Klingende Architektur
Orgelexkursion mit Kirchenmusikdirektor
Thomas Ennenbach

Eine Reise über Land nach Schloss und Burg Allstedt sowie in die Bartholomäuskirche Halle
10 Uhr, Ende gegen 16 Uhr

- Oper Halle
Der Messias
Ballett von Ralf Rossa
Musik von Georg Friedrich Händel u. a. (die Musik wird eingespielt)
Inszenierung /Choreografie:
Ralf Rossa
Ensemble Ballett Rossa

Eine Veranstaltung der Theater, Oper und Orchester GmbH Halle
19.30 Uhr

- St. Georgen-Kirche
Baroque Lounge II: Graces that refrain - classical variations
mit Tora Augestad (Mezzosopran)
21 Uhr

Samstag, 11. Juni


Halle
- Händel-Haus

Händels Halle
Eine besondere Stadtführung rund um das Händel-Haus
Dauer ca. zwei Stunden
11 Uhr