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Für alle zwischen neun und 99 

Händel-Festspiele Halle 2016

Für alle zwischen neun und 99 

VON ANDREAS MONTAG Es ist der siebte Festspiel-Jahrgang, den Clemens Birnbaum verantwortet, zählt man jenes Unglücksjahr 2013 mit, in dem wegen der Hochwasserfluten, die auch Halle bedrohten, die große Feier zu Ehren Händels abgesagt worden war. Immerhin hat es damals noch „Händel im Herbst“ gegeben, als spätes Trostpflaster. Vom 27. Mai bis zum 12. Juni wird dieses Mal gefeiert. Und welches Wetter wird es geben? „Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dass es gut wird“, sagt der 53-Jährige und lacht. Die Statistik gibt ihm Recht. In all den Jahren, seit die Hallenser und ihre teils weit gereisten Gäste den Barockmeister in seiner Geburtsstadt ehren, mussten die Freiluft-Konzerte in der Galgenbergschlucht mit dem obligatorischen Feuerwerk am Schluss noch nie abgebrochen werden. Ein paar Regentropfen hat es schon mal gegeben, kühl war es gelegentlich auch, aber das hat die Fans nicht schrecken können, die auch mit Wolldecken und Regenschirmen gewappnet zu diesen Höhepunkten erscheinen. Dabei, sagt Birnbaum, wünschte man sich natürlich lieber laue Frühsommernächte für diese Konzerte, während man es im Goethe-Theater Bad Lauchstädt gern ein bisschen frischer hätte, jedenfalls nicht allzu heiß. Denn bei hohen Temperaturen verwandelt sich der zauberhafte Bau vor den Toren Halles in eine Art Sauna, was die Freunde Händels und des Hauses im historischen Kurpark freilich nicht davon abhalten kann, die dortigen Aufführungen zu besuchen - nein: förmlich zu stürmen. „Händel berührt“ heißt das Motto der Festspiele in diesem Jahr. Dem wird keiner, der die Musik des Meisters liebt, widersprechen wollen. Vor zwei Jahren, als Birnbaum, der nicht nur Festspiel-Intendant, sondern in Personalunion auch Direktor des Händel-Hauses in Halle ist, eine Publikumsbefragung in Auftrag gegeben hatte, wurde eine sehr hohe Zustimmung der Festspiel-Gemeinde ermittelt."Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dass es gut wird.“CLEMENS BIRNBAUM über seine Wetterprognose Das hat nicht überrascht, aber bestätigt. Auch die Feststellung, dass das Kernpublikum im Alter zwischen 50 und 70 Jahren ist, verwundert nicht. Und es stellt für Birnbaum auch keinen Grund zur Beunruhigung dar. Gewiss, das Festspielprogramm trägt seit Längerem zunehmend auch den populären Interessen Rechnung und bietet grenzüberschreitende Formate wie in diesem Jahr „Inspired by Song“ an. Hier lassen sich Solisten und ein Barockensemble von frühbarocken englischen Liedern anregen. Begegnungen mit Jazz, Puppenspiel, Ballett, populärer und sogar Neuer Musik sind üblich geworden im Festspielkalender, wenn sie ihn auch nicht dominieren. Und Händel steht natürlich stets im Mittelpunkt dabei. „Wir bieten Händel-Festspiele an für Menschen zwischen neun und 99 Jahren“, beschreibt Birnbaum die Breite der Zielgruppe. Davon, was man in der Festivallandschaft seit einiger Zeit diskutiere, nämlich dezidiert etwas (aber was eigentlich?) für das junge Publikum zu tun, hält der Intendant wenig - auch, weil er es anbiedernd fände. Stattdessen setzt er darauf, ein großes, bunt zusammengesetztes Publikum zu haben, das sich, einschließlich der Älteren, neuen Formaten gegenüber aufgeschlossen zeigt, während zugleich nicht wenige Jüngere anreisen, um den „Messiah“ in der halleschen Marktkirche zu erleben - den klassischen Wiedergänger jeden Festivaljahrganges. Ob nicht aber das in Mode gekommene, aus dem Fußball eingewanderte Public Viewing eine Alternative für junge Leute sein könnte - und für jene, die mit dem Geld sehr haushalten müssen? Hier ist Birnbaum eher skeptisch. Erstens, sagt er, würden solche Übertragungen, sofern man sie in hoher technischer Qualität anbieten wollte, entsprechend hohe Kosten verursachen. Das hieße auch, an anderer Stelle des Programms Abstriche zu machen. Oder die Preise zu erhöhen, was Birnbaum, mit Blick auf die Einheimischen, nicht gut fände. Außerdem, und das ist sein Hauptargument, ließe sich die besondere Atmosphäre eines Konzertes, bei dem sich die Zuhörer idealerweise verändert fänden und Teil der Aufführung würden, durch eine Übertragung in Ton und Bild doch nicht dem Publikum außerhalb des Saales vermitteln. „Den magischen Effekt kann man nicht übertragen“, sagt Birnbaum.

CLEMENS BIRNBAUM sieht Halles Händel-Festspiele zwischen Tradition und Erneuerung.

23.5.2016

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Clemens Birnbaum im halleschen Händel-Haus, links ein Porträt des Barockmeisters FOTO: GÜNTER BAUER


"Den magischen Effekt kann man nicht übertragen.“

CLEMENS BIRNBAUM über die Konzert-Atmosphäre

So will er lieber das Bewährte fortschreiben, der Erfolg gibt dem Intendanten Recht. Reichlich ein Drittel seines Festspiel-Etats kann er mit Kartenerlösen decken - und das angesichts der moderaten Preise, misst man sie an denen anderer Festivals vergleichbarer Größe und Bedeutung.

Das Land Sachsen-Anhalt und der Bund steuern zusammen ein weiteres Drittel des Gesamtbudgets bei. Nicht zu vergessen die Unterstützung seitens der Stadt Halle, wie Birnbaum hervorhebt, von der die Stiftung Händel-Haus wie auch die Festspiele selbst profitieren.

Und der Rest? Den bringen private und institutionelle Sponsoren auf, ohne deren Hilfe vieles im Kulturbereich nicht zum Laufen käme. Sie zu erwähnen, sollte einem also auch nicht peinlich sein. Freilich sind sowohl die staatlich lizensierten Glücksverkäufer von der Lottogesellschaft als auch die Sparkassen verpflichtet, der Allgemeinheit von ihren Überschüssen für gute Zwecke etwas abzugeben. Aber wem sie welche Summe geben, ist dann eben doch eine Art Ausweis anerkannter Leistung.

Birnbaum lobt seine Förderer gern. Und sogar für die Medien gibt es ein gutes Wort. Das kommt auch nicht an allen Tagen vor. Wenn es nun noch gutes Wetter gibt ab dem 27. Mai, wird wohl auch der Himmel ein schönes Dankeschön-Schreiben aus dem Händelhaus bekommen.

Freitag, 27. Mai

Halle
- Händel-Denkmal

Feierstunde
Stadtsingechor zu Halle
Pfeiferstuhl Music Halle Kammerorchester der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg - 17 Uhr

- Dom zu Halle
14. Orgelnacht
19 Uhr Dom zu Halle
Martin Stephan an der Stephani-Orgel von 1799
20 Uhr St. Moritzkirche
Tobias Fraß an der Sauer-Orgel von 1925
21 Uhr Marktkirche zu Halle
Irénée Peyrot an der Schuke-Orgel von 1984
22 Uhr Konzerthalle
Ulrichskirche
Martin Stephan an der Sauer-Orgel von 1980

- Oper Halle
Sosarme, Re di Media, HWV 30 (Premiere)
Oper von G. F. Händel Eröffnung der Händel-Festspiele
Musikalische Leitung: Bernhard Forck Regie / Bühne: Philipp Harnoncourt Kostüme: Elisabeth Ashef
Solisten: Benno Schachtner (Sosarme), Robert Sellier (Haliate), Henriette Gödde (Erenice), Ines Lex (Elmira), Julia Böhme (Melo), Ki-Hyun Park (Altomaro), Michael Taylor (Argone)
Händelfestspielorchester Halle
Eine Veranstaltung der Theater, Oper und Orchester GmbH Halle - 19.30 Uhr

Samstag, 28. Mai

Halle
- Stadtmuseum

900 Jahre Stadtsingechor zu Halle Kuratorinnen-Führung durch die Sonderausstellung: Cordula Timm-Hartmann
Eintritt: 7 Euro inkl. Führungsgebühr
14 Uhr

Bad Lauchstädt
- Goethe-Theater

Didone abbandonata, HWV A 12 Pasticcio (Oper) von G. F. Händel und L. Vinci
Musikalische Leitung: Wolfgang Katschner Inszenierung: Yona Kim Ausstattung: Hugo Holger Schmidt, Margrit Flagner
Solisten: Rinnat Moriah (Dido), Kangmin Justin Kim (Aeneas), Terry Wey (Jarbas), Alexandra Paulmichl (Selene), Namwon Huh (Araspe), Polina Artsis (Osmidas)
Lautten Compagney Berlin - 14.30 Uhr

Halle
- Leopoldina

Dido - Liebende zwischen Orient & Okzident
Eine antike arabische Klage im Spiegel europäischer Barockmusik Werke von H. Purcell, J. A. Hasse, F. Cavalli u. a. Musikalische Leitung: Hans Huyssen Solistin: Stephanie Krug (Sopran) così facciamo – Ensemble für Alte & Neue Musik, arabische Musiker - 16 Uhr

- Domplatz
Handel for Brass Schweriner

Blechbläser-Collegium 17 Uhr
Eintritt frei