Halle/Saalekreis ANZEIGE

Bezaubernde Stimme

Händel-Festspiele Halle 2016

Bezaubernde Stimme

VON JOACHIM LANGEManche Händel-Preisträger verstehen sich in Halle gleichsam von selbst. Romelia Lichtenstein gehört ohne Zweifel in diese Kategorie. Sie steht in einer Reihe mit Kolleginnen wie Emma Kirkby, Cecilia Bartoli, Magdalena Kozena oder dem Counter Philippe Jaroussky, deren Karrieren ebenfalls eng mit der Barock- Musik verbunden sind. Bei Romelia Lichtenstein ist das auch so. Aber nicht nur. Denn sie ist eine von jenen Interpreten, die, im eigentlichen Sinne einer ausschließlichen Spezialisierung, gar keine Barocksängerin ist, die das aber, bei allem was sie sonst noch macht, auch kann. Und zwar auf dem Niveau der Spitzenliga dieses Fachs. Und das schon seit vielen Jahren.Ihre Alcina etwa kann sich mit der großer Kolleginnen wie Renée Fleming oder Anja Harteros durchaus messen. Aus Romelia Lichtensteins Kehle und dank ihres Bühnencharisma war diese Zauberin vor vier Jahren in Halle das Festspielereignis! Und es passte wie die Faust aufs Auge, dass sie nach der Premiere den Titel Kammersängerin verliehen bekam.Das wunderbar glühende Timbre ihrer Stimme, die immer wieder unter Beweis gestellte Bühnenpräsenz, ihre bewundernswerte Kondition und Kraft, die technische Perfektion der Koloraturen und der Mühelosigkeit, mit der sie artikuliert und kein Piano unterschlägt, all das lässt Gefühle auf besondere Weise zu Klang werden.Als sie etwa zur großen Geste bei der Alcina ausholte, zahlten sich ihre Ausflüge ins dramatische Belcanto (wie etwa ihre gefeierte Lucrezia Borgia) als zusätzlicher emotionaler Treibsatz aus, ohne dabei die Grenzen der barocken Noblesse zu durchbrechen.Das Zurückgehen auf den Barockgesang, sagt die Sopranisten, die gerade als Despina in der neuen Bad Lauchstädter „Così fan tutte“ zu erleben ist, sei für sie immer eine Frage der Stimmhygiene. Man werde gezwungen, die Stimme immer wieder zu fokussieren, wenn sie vorher bei Verdi oder Puccini quasi auf Breitband geschaltet war."Die Rückkehr zum Barockgesang ist auch eine Frage der Stimmhygiene."ROMELIA LICHTENSTEINOPERNSÄNGERIN Seit 1998 ist die in Sofia geborene, aber seit ihrer frühen Kindheit in Deutschland aufgewachsene und mit dem Schauspieler und Regisseur Jörg Lichtenstein verheiratete Sängerin festes Ensemblemitglied der hiesigen Oper. Davor war sie in Chemnitz und Leipzig engagiert, wo sie viele Mozart-Partien gesungen hat und in Peter Konwitschnys „La Bohème“ auch als Mimi zu erleben war. Auf die Frage nach ihren Lieblingsregisseuren fällt denn auch dessen Name. Gleich nach dem von Anthony Pilavachi. In dessen Tolomeo-Inszenierung war sie denn auch 1996 das erste Mal (noch als Gast) als Elisa in Halle zu erleben. Seither werden die Händel-Inszenierungen, in denen sie mitwirkt, allein schon dadurch zu Festspielhöhepunkten. Und für das heimische Publikum ein gewichtiger Grund, sich die Stücke nach den Festspielen auch im Repertoire noch einmal anzuschauen.1998 übernahm sie die Romilda in der Wiederaufnahme des „Serse“, im gleichen Jahr auch die Cleofide in der neuen „Poro“-Produktion. 2001 war Lichtenstein dann die Florinda in „Rodrigo“. 2005 folgte die Titelpartie in der „Rodelinda“, 2006 die Alceste in „Admeto“ und 2011 Gismonda in „Ottone“. Mit der Zauberin Alcina machte sie dann 2012 Furore. Bei den diesjährigen Festspielen wird sie in der Wiederaufnahme von „Lucio Cornelia Silla“ erneut zu erleben sein. Allein diese zehn Händelpartien in Halle sind schon eine beachtliche Palette und preiswürdig genug.Für ein Opernhaus wie Halle ist es ein Glücksfall, wenn eine Sängerin wie Romelia Lichtenstein die Nummer Eins ist. Eine, die sich obendrein als Ensemblespielerin begreift und nicht mit den Allüren einer Diva zu Werke geht. Wenn die aktuelle Produktion von „Adriana Lecouvreur“ auch auswärtiges Publikum nach Halle lockt, dann ist für viele Fans die Interpretation der mit „Tosca“ vergleichbaren Titelpartie dieser selten gespielten Oper durch Romelia Lichtenstein durchaus ein guter Grund.Man kann sich hier von einer Künstlerin bezaubern lassen, die die wichtigen Mozart-Partien ihres Fachs ebenso drauf hat, wie die Norma von Bellini oder die Abigaile und etliche andere Verdi-Rollen. Die aber auch schon als Marschallin im „Rosenkavalier“ und auch als Rosalinde in der „Fledermaus“ des Wiener Operettenkönigs Johann Strauss überzeugte. Und immer wieder mit Händel.Wie gesagt: Wer in Halle nicht zum Lichtenstein-Fan wird, der ist selber schuld.Festkonzert mit Romelia Lichtenstein am 1. Juni um 20 Uhr in der Leopoldina. Dabei wird ihr der Händel-Preis der Stadt Halle verliehen. Händels „Lucio Cornelio Silla“ wird am 4. Juni um 19.30 Uhr in der Oper Halle aufgeführt.

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23.5.2016

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Kammersängerin Romelia Lichtenstein von der Oper Halle FOTO: AGENTUR SIGRID ROSTOCK

OPERNPREMIERE

„Sosarme“soll Futter fürdie Fantasiesein


VON JOACHIM LANGE

A„Sorsarme, Re di Media“ ist der Beitrag des halleschen Opernhauses für das aktuelle Festspielprogramm. 1732 war diese Oper ein Londoner Uraufführungserfolg, verschwand dann aber in der Versenkung. Eine konzertante Aufführung in Bad Lauchstädt 1989 (mit Altus Axel Köhler) erweiterte das magere Dutzend Inszenierungen, das es seither gab, auch nicht gerade. Für Bernhard Forck, der die szenische Erstaufführung für Halle zusammen mit Regisseur Philippe Harnoncourt mit dem Händel-Festspielorchester einstudiert, ist das eine der Merkwürdigkeiten der Rezeptionsgeschichte. Nun hat zwar der titelgebende verschmähte Sohn im Stück, jener Sorsarme, nicht mal eine eigene Arie. Und das, obwohl die Partie bei Händel mit dem Kastraten- Superstar Senesino besetzt war.

Aber es gibt mitten im Stück, verrät Forck mit spürbarer Begeisterung, ein wunderbares, seinerzeit höchst populäres Liebes-Duett. Mitten in einem Krieg lässt Händel da die Zeit gleichsam still stehen.

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Bernhard Forck leitet das Festspielorchester FOTO: ANDREAS STEDTLER

Dass Halle ein besonderer Ort der Händel-Pflege ist, weiß Bernhard Forck, der das Händel-Festspielorchester seit Jahren leitet und in der Riege führender Spezial- Orchester etabliert hat, natürlich zu schätzen. Doch auch der Regisseur, der zum ersten Mal in Halle gastiert, spürt den Standortvorteil, bei Händel „daheim“ zu sein.

Szenisch hat sich Philipp Harnoncourt für eine einfache, heutige Anmutung entschieden. Händel hatte den eigentlich vorgesehenen Plot aus dem Umfeld von Englands Verbündetem Portugal weiter in die Vergangenheit und nach Nordafrika verlegt, umnicht unnötig anzuecken. In Halle wird der politische Konflikt auf einen familiären Clinch heruntergebrochen.

Wobei der Regisseur, der unter anderem bei seiner hochgelobten Wiener „Rodelinda“-Inszenierung mit seinem kürzlich verstorbenen Dirigenten-Vater Nicolaus zusammengearbeitet hat, dem Zuschauer das Selberdenken nicht abnehmen will. Barock-Oper, meint Harnoncourt, sei ja generell eine Einladung an die Fantasie. Was für das Produktionsteam gilt - und natürlich auch für den Zuschauerraum.

Donnerstag, 2. Juni
 
Halle
 
- MS Händel 2, Rive Ufer
Wassermusik Werke von G. F.Händel Bläserquintett der Sächsischen Bläserphilharmonie Einlass: 18.30 Uhr Beginn: 19 Uhr

- Konzerthalle Ulrichskirche
Dido and Aeneas
Oper von Henry Purcell (konzertante Aufführung) The Loves of Mars and Venus Masque von J. Eccles und G. Finger Musikalische Leitung: Fabio Bonizzoni
Solisten: Raffaella Milanesi (Dido, Thalia, Terpsichore), Richard Helm (Aeneas), Stefanie True (Belinda, Errato) , Iason Marmaras (Soreceress), Alessandra Colacoci (ersteHexe, Seemann), Anna Bessi (zweite Hexe, Geist)
Coro Costanzo Porta, La Risonanza
19.30 Uhr

Freitag, 3. Juni

- Hallmarkt
Glaubenswege
Exkursion nach Bernburg, zur Gröbziger Synagoge und zur Stiftskirche Petersberg Rückfahrt gegen 16.30 Uhr, Ankunft in Halle (Hallmarkt) gegen
17 Uhr
Abfahrt: 9 Uhr

- Marktkirche zu Halle
Messiah, HWV 56 Oratoriumvon
G. F. Händel Musikalische Leitung: Fabio Bonizzoni Solisten: Katherine Watson (Sopran), Markéta Cukrová (Mezzosopran), Krystian Adam(Tenor) und Fulvio Bettini (Bass)
Coro Costanzo Porta, La Risonanza
18 Uhr

Samstag,4. Juni

Halle

- Händel-Haus
Händel mi Herz Der Komponist und die Kinder des Londoner Foundling Hospital Führung: Konstanze Musketa (Kuratorin, Stiftung Händel-Haus)
14 Uhr

Bernburg
- Theater Bernburg
Hippolyte et Aricie ou la Belle-Mère Amoureuse (Deutsche Erstaufführung) Parodie von Jean-Philippe De srousseaux Musikalische Leitung: Mira Glodeanu (Violine) Konzept und Regie: Jean-Philippe Desrousseaux Solisten:Marie Lenormand (Phèdre), Alain Buet (Thésée) Puppenspieler:Gaelle Trimardeau, Bruno Coulon, Jean-Philippe De srousseaux, Ensemble PhilidOr
16 Uhr

- Georg-Friedrich-Händel -Halle
Belshazzar, HWV 61
Oratorium von G. F.Händel Musikalische Leitung: Ottavio Dantone Solisten: Rosemary Joshua (Sopran), Delphine Galou (Alt), Thomas Walker (Tenor), Andreas Wolf (Bass), Valer Sabadus (Altus), Accademia Bizantina RIAS Kammerchor
19 Uhr