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Die nächsten Coronahilfen sind schon beschlossene Sache, so Patricia Kudwien vom Burgenlandkreis

INTERVIEW: Mit der Dezernentin für Wirtschaft und Arbeit

Die nächsten Coronahilfen sind schon beschlossene Sache, so Patricia Kudwien vom Burgenlandkreis

Rüdiger Hartmann musste wie alle anderen Friseurbetriebe sein Geschäft am 16. Dezember schließen. FOTO: HAMANN-RICHTER

Der Staat versucht, mit umfangreichen Zuschüssen, die wirtschaftlichen Folgen für die von der Pandemie gezeichneten Unternehmen abzumildern. Doch die sogenannten November- bzw. Dezemberhilfen fließen nur verzögert und oft als Abschlagszahlungen. Über die Situation der Wirtschaft im Burgenlandkreis sprach Wolfgang Zerfass mit der Dezernentin für Wirtschaft und Arbeit beim Landkreis, Patricia Kudwien.Frau Kudwien, wie macht sich der neuerliche Lockdown bei den Unternehmen im Burgenlandkreis bemerkbar? Wie schätzen Sie die Aussichten für das neue Jahr ein?

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Patricia Kudwien ist Dezernentin für Wirtschaft und Arbeit beim Burgenlandkreis. FOTO: LANDKREIS

Der zweite Lockdown hält die Unternehmen im Landkreis in Atem. Trotz der weitreichenden Erholung während des dritten Quartals sind viele Firmen nun von der Schließung betroffen. Viele, die auf einem guten Weg waren, ihre Umsätze wieder zu steigern und an die Vor-Corona-Zahlen anzuknüpfen, mussten ihre Geschäftstätigkeit ganz oder teilweise einstellen. Das sorgt für Ängste, sowohl bei den Beschäftigten wegen drohender Kurzarbeit bzw. Arbeitslosigkeit als auch bei den Unternehmern, wo staatliche Hilfen zum Teil nur als Abschlagszahlungen ankommen. Momentan ist Pessimismus in der Wirtschaft weit verbreitet. Noch sind allerdings nur einige wenige Unternehmen akut gefährdet, bislang auch keine größeren. Eine Grunddynamik im Wirtschaftsleben ist immer noch vorhanden, die auch von Aktionismus getragen wird. Einzelhandel und Gastronomie versuchen zum Beispiel zunehmend durch Lieferdienste zusätzliche Umsätze zu generieren.

Wie sich die Situation im Jahr 2021 weiter entwickelt, ist nur schwer abzuschätzen. Es bleibt zu hoffen, dass sich mit der Bekämpfung der Pandemie durch die Impfimmunisierung der Bevölkerung auch in der Wirtschaft ab dem zweiten Quartal wieder Optimismus breit macht.

Wie ist die Situation der Unternehmen im Hinblick auf Kurzarbeit/Entlassungen? Welche Branchen sind am stärksten betroffen?

Am stärksten vom zweiten Lockdown betroffen sind Betriebe des Gastgewerbes, des Tourismus, des Einzelhandels, des Veranstaltungsgewerbes und der Kulturbranche. Stand Mai 2020 - aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor - waren 1048 Unternehmen im Burgenlandkreis von Kurzarbeit betroffen. Hierzu wurden 7 693 Kurzarbeiter registriert. Das sind 13,1 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Es ist aber damit zu rechnen, dass die Zahl der von Kurzarbeit Betroffenen seit dem Herbst weiter gestiegen ist. 6 003 Beschäftigte waren im November arbeitslos gemeldet, das waren 9,3 Prozent mehr als im Vergleichzeitraum des Vorjahres. Die meisten von ihnen waren als Zeitarbeitnehmer tätig, im Gastgewerbe, im Einzelhandel und in der Metallbranche.

Für das Jahr 2021 erwarten die Ökonomen verschiedener Wirtschaftsforschungsinstitute jedoch einen Rückgang der Arbeitslosigkeit in Sachsen-Anhalt um 13 Prozent. Dieser Ausblick fällt für unseren Arbeitsmarkt deutlich positiver aus als für einige andere Bundesländer.

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Bei Chefs Culinar sind derzeit nicht alle Lastwagen im Einsatz. Das ist auch der Corona-Krise geschuldet und dem damit verbundenen Lockdown. FOTO: KEMPF

Gibt es die sogenannten Novemberhilfen des Bundes nur für zwangsgeschlossene Firmen oder sind auch andere Unternehmen/Selbstständige berechtigt, staatliche Hilfen in Anspruch zu nehmen? Gibt es für sie finanzielle Alternativen?

Die sogenannten Novemberhilfen, die für den Zeitraum ab 2. November gelten, können bis Ende Januar beantragt werden. Die Zuschüsse werden auch gezahlt für indirekt und mittelbar betroffene Firmen, also bestimmte Geschäftspartner, wie Lieferanten und Auftragnehmer. Ähnliches gilt für die sogenannten Dezemberhilfen, die bis Ende März beantragt werden können. Wobei hier bis zu 75% des Umsatzes aus dem Vergleichsmonat 2019 erstattet werden können.

Wo und wie können die Anträge gestellt werden? Wo gibt es dazu Beratung?

Zu stellen sind die Anträge für die jeweiligen Zuschüsse über Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Soloselbstständige können bis zu 5 000 Euro Unterstützung als Einmalzahlung im Rahmen der ELSTER-Zertifizierung erhalten und allein beantragen. Dabei stehen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, das Wirtschaftsamt, Handwerks- sowie Industrie- und Handelskammer den Unternehmern beratend zur Seite. Hilfe bietet auch die Onlineplattform der Bundesregierung www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de an.

Gibt es Aussichten, dass die staatlichen Hilfen auch über den November und Dezember hinaus fließen? Zum Beispiel für die weiter geschlossenen Einzelhandelsgeschäfte, wie derzeit zu erwarten ist.

Es wurde bereits eine Überbrückungshilfe III aufgelegt, gültig für den Zeitraum Januar bis Juni 2021, die aber auch von den seit Mitte Dezember vom aktuellen Lockdown betroffene Firmen genutzt werden kann. Sie kommt in Frage, wenn Umsatzrückgänge 30% gegenüber Vorjahresvergleich zu verzeichnen sind. Eine Antragstellung ist aber momentan noch nicht möglich. Mit der Überbrückungshilfe III können Fixkosten der Unternehmen bis zu 200 000 Euro monatlich erstattet werden.

Ob derartige Hilfen während der Pandemie auch künftig durch die Bundesregierung aufgelegt werden, hängt neben der Entwicklung des Infektionsgeschehens auch von dem Erfolg der aktuellen Hilfspakete ab. Es bleibt abzuwarten was der Bundeshaushalt für Spielräume zulässt.

Onlinebefragung der Unternehmen

Der Burgenlandkreis führt noch bis 29. Januar in Kooperation mit der Friedrich-Schiller-Universität Jena eine Onlinebefragung zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie und des Strukturwandels auf die Unternehmen im Burgenlandkreis durch. Dabei werden die Unternehmen zu ihrer aktuellen Lage und den Erwartungen für 2021 befragt. Durch eine möglichst hohe Beteiligung der Unternehmen und die datenbasierte Rückkopplung wird es für den Burgenlandkreis möglich, konkrete Unterstützungsangebote sowie Handlungsempfehlungen für die Lokal- und Landespolitik abzuleiten. Teilnahme im Internet unter der Adresse: https://t1p.de/coronastruktur-BLK