Aschersleben ANZEIGE

Keine Barrieren im Kopf

Interview mit Landrat Markus Bauer

Keine Barrieren im Kopf

Am 1. Juli besteht der Salzlandkreis zehn Jahre. Das bietet Zeit für Rückschau und Ausblick. Uwe Kraus sprach darüber mit Landrat Markus Bauer (SPD). Wo waren Sie, als die drei Landkreise 2007 fusionierten? Ich war Bürgermeister von Nienburg und saß im Kreistag, habe die Kreisgebietsreform also aus dieser Perspektive erlebt. Mit Amtskollegen haben wir eine interkommunale Zusammenarbeit ins Leben gerufen. Wichtig war, dass die Barrieren im Kopf eingerissen werden. Ist das gelungen, oder herrscht weiter das Altkreisdenken vor? Das ist nicht ganz weg, aber wir reden von zehn Jahren, in denen sich die Region weiterentwickelt hat. Im Kreistag sitzen Vertreter aller Regionen. Weil Demokratie von gemeinsamer Meinungsbildung lebt, haben viele Abgeordnete die kurzsichtige Regionalbrille abgesetzt. Das tut der Entwicklung im Salzlandkreis wohl. Sind Sie damit zufrieden, wo der Landkreis im Zusammenwachsen jetzt angekommen ist? Ich bin mit der Zusammenarbeit mit den Regionen und Bürgermeistern vor Ort zufrieden, sehe aber die Besonderheiten jeder Ecke des Landkreises, die Schwierigkeiten bereiten. Aber die Frage ist doch, wie schaffen wir es gemeinsam, den Salzlandkreis zum Erfolgsmodell zu machen. Die Region ist so schön, wie sie von ihren Bewohnern gestaltet wird. Wir sind auf einem guten Weg, und vielleicht werden wir zum 20. Geburtstag der Kreisgebietsreform über manche Sorgen von heute schon lachen. Gibt es am 1. Juli eine Geburtstagsparty? Nein, es geht ohne Kerzen, Torte oder Sekt ab. Aber wir lassen die zehn Jahre nicht unter den Tisch fallen. Die Kreisverwaltung lädt am 16. September zu einem Bürgerfest ins Ringheiligtum Pömmelte ein. Wir machen ein Jubiläumsjahr daraus und stellen viele Veranstaltungen ins Zeichen der erfolgreichen Kreisfusion. Dazu zählen Konzerte ebenso wie eine Fotoausstellung. Sollte der Landkreis mit der Gebietsreform nicht noch viel mehr Aufgaben übernehmen? Ja. Wir haben zusätzliche Aufgaben bekommen; Kinderförderungsgesetz, die Betreuung von minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen oder die Zahlung der Unterhaltsvorschüsse. Wo es fehlt, das sind klare Strukturen einer Funktionalreform. Wir sind mit der Gebietsreform auf eine Reise geschickt worden, bei der wir einen schweren Rucksack aufgebürdet bekamen. 92 Millionen Euro Altfehlbeträge schleppen wir da mit und keiner sagt uns, wie wir die abbauen können. Also müssen wir uns strukturieren. Der Landkreis hat noch 196.000 Einwohner, Tendenz weiter fallend. Was tut das Salzland dagegen? Ich spreche immer von der Dreieinigkeit von Wirtschafts-, Wissenschafts- und Wohnstandort. Große internationale Unternehmen und die heimische Wirtschaft gepaart mit den Hochschulstandorten in Bernburg und Aschersleben und internationaler Forschung in Gatersleben sorgen dafür, dass der Standort attraktiv ist. Es ist zu kurz gesprungen, wenn freiwillig Aufgaben von Spielplatz bis Kultur gestrichen werden sollen, denn dadurch verliert das Umfeld an Lebensqualität und damit letztlich der Standort. Der demografische Wandel macht also keinen Bogen um den Salzlandkreis? Nein, aber wir rüsten uns. Investoren können das Knowhow vor Ort nutzen. Wirtschaftsförderung versteht sich nicht nur als Neuansiedelung, sondern auch als aktive Bestandspflege und das Klären von Unternehmensnachfolgen. Junge Leute von hier sollen Brücken in die Welt schlagen, aber auch Heimweh nach ihrer Geburtsregion verspüren. Ob eine vielfältige Schullandschaft, Löderburger See oder Neo-Rauch-Ausstellung, wir können stolz auf unsere Region zwischen Halle und Magdeburg sein. Zunehmend erkunden Touristen nicht nur per Rad, sondern auch vom Wasser aus den Salzlandkreis.

10 Jahre Salzlandkreis

Interview mit Landrat Markus Bauer

27.06.2017 09.00 Uhr

Keine Barrieren im Kopf-2
Markus Bauer, Landrat des Salzlandkreises FOTO: UWE KRAUS