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Europäische Solidarnosc-Zentrum: Darum gilt Danzig als Vorbild

Das Solidarnosc-Zentrum in Danzig, das pro Jahr rund eine Million Besucher anlockt, gilt als Vorbild für das Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation in Halle

Europäische Solidarnosc-Zentrum: Darum gilt Danzig als Vorbild

Das Europäische Solidarnosc-Zentrum ist eine Einheit aus Museum, Zentralarchiv, Multimedia-Bibliothek und einem Bildungszentrum. Leiter des Zentrums ist der deutsch-polnische Manager Basil Kerski. Er gehörte auch zur Jury für das Zukunftszentrum. Im Museum hat Friedensnobelpreisträger Lech Walesa, von 1990 bis 1995 Staatspräsident, ein Büro. Er hatte sich Angang des Jahres mit Egbert Geier und Mark Lange getroffen. FOTOS: LANGE, STADT HALLE

MUSEUM: In der Hafenstadt wird an Aufstand von 1980 erinnert. Das Konzept für Halle könnte ähnlich sein.

700 Kilometer sind es mit dem Auto von Halle nach Danzig. Die polnische Hafenstadt ist mit ihren rund 582.000 Einwohnern zwar fast dreimal so groß wie Halle, hat mit der Saalestadt aber eine Gemeinsamkeit. In Danzig steht das 2014 eröffnete ,,Europäische Zentrum der Solidarität". Es gilt als Vorbild für das Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation, das der Bund bis 2028 in Halle errichten will. Eine Delegation der Stadt hatte Anfang des Jahres - vor der Jury-Entscheidung - Danzig besucht, darunter Bürgermeister Egbert Geier (SPD), Andreas Silbersack, Chef der FDP-Landtagsfraktion, und Stadtmarketing-Chef Mark Lange. ,,Wir haben ein Gefühl dafür bekommen, was man sich für Halle vorstellen kann", sagt Lange.

51 MILLIONEN EURO hatte die EU als Zuschuss bezahlt, damit das Solidarnosc-Zentrum gebaut werden kann. Der Bund kalkuliert für Halle mit einer Investition von 200 Millionen Euro.

Das Solidarnosc-Zentrum hat Dimensionen, an denen sich auch der Bund für das Gebäude in Halle orientiert. Es hat eine Fläche von etwa 15.000 Quadratmetern und lockt pro Jahr rund eine Million Besucher an. Aus der Vogelperspektive wirkt der Komplex wie der Rumpf eines Schiffes. Das ist bewusst so gewählt, schließlich erinnert das Zentrum an den Aufstand der Hafenarbeiter unter Gewerkschaftsführer Lech Walesa 1980. Auf der damaligen Lenin-Werft in Danzig forderten die Arbeiter unter anderem Meinungsfreiheit und bessere Lebensbedingungen. Im Rückblick trug dieser groß angelegte Widerstand wie später der Mauerfall maßgeblich zum Zerfall des Ostblocks bei.

Die Gestaltung des Zentrums orientiert sich am Werft-Gelände. Die Außenfassade erinnert an verrostete Stahlplatten. Innen wechseln sich die rostigen Farbtöne mit viel Grün ab. Der gesamte Komplex ist luftig und großzügig geschnitten. Besucher treten durch das berühmte Tor 2 ein, das bei den Streiks eine zentrale Rolle gespielt hatte, weil sich die Hafenarbeiter täglich vor diesem Eingang versammelten. Im Museum erzählt eine interaktive Dauerausstellung über Wege in die Freiheit anhand Tausender Fotos, Filme und Gegenstände. Darunter sind Holztafeln, auf denen die Streikenden ihre 21 Forderungen handschriftlich zum Ausdruck gebracht hatten. Die Tafeln sind mittlerweile als Unesco-Welterbe gelistet. „Das Thema klang sperrig. Wie es aber umgesetzt wurde, ist sehr interessant", sagt Lange, der mit Geier bei seinem Besuch auch Friedensnobelpreisträger Lech Walesa traf, der im Zentrum ein Präsidialbüro hat.

Sowohl die Landesregierung als auch die Stadt Halle planen weitere Reisen nach Danzig. Unter anderem wird über eine Tour für interessierte Stadträte nachgedacht. DSK