Zeitz ANZEIGE

Eine Vision wird wahr

Weißenfels Bildungscampus: Historischer Ort wird zu einer modernen Bildungsstätte.

Eine Vision wird wahr

Mitarbeiter vom Kampfmittelräumdienst suchten im Boden nach Munition, die nach dem Weltkrieg hier verloren gegangen ist. FOTOS (2): FRANZ RUCH

Skeptiker werden es vor wenigen Jahren noch müde belächelt haben, wenn Menschen folgende Vision äußerten: die Entstehung eines Bildungscampus inmitten von Weißenfels. Doch letzte Zweifel sind spätestens beseitigt worden, seitdem schwere Bagger vor Monaten neben dem alten Kloster St. Claren ihre Arbeit aufgenommen haben.

Im Zentrum der Saalestadt soll dieser Bildungscampus dann das gegenüberliegende Goethe-Gymnasium, die Volkshochschule und die Musikschule sowohl inhaltlich als auch räumlich miteinander vereinen. Platz finden soll dort auch der Verein Kloster St. Claren e.V. Zudem befindet sich die Stadtbibliothek in unmittelbarer Nähe. Es sind also optimale Bedingungen für das Ziel vorhanden, diesen Bildungs- und Begegnungsort für die gesamte Bevölkerung zu schaffen, der die unterschiedlichsten Generationen miteinander verbindet. Die Initiative für das Vorhaben geht übrigens auf den Bürgerverein Kloster St. Claren zurück, der sich seit Jahren für die Wiederbelebung des Klosters stark gemacht hatte.

Massive Umbauarbeiten sind dafür aber nötig. So wird das Kloster St. Claren, übrigens nachweislich das älteste Baudenkmal in der Stadt Weißenfels und somit ein unschätzbarer historischer Wert, umfangreich saniert. Neben diesem his-torischen Gemäuer entsteht außerdem ein Neubau. Zudem werden die Gebäude des gegenüberliegenden Goethegymnasiums einbezogen.

Dazu gehörte aber auch, dass Archäologen auf Überreste von Kirchen- und Kriegsgeschichte stießen und sich mit Funden aus diesen Epochen beschäftigten. Dass das geschehen würde, wunderte niemanden, der sich ein wenig mit der Historie dieser Orte auskennt. So hatte im Kloster nach Kriegsende 1945 die Polizei und später auch die Volkspolizei ihren Sitz. Die Bevölkerung war damals dazu aufgerufen worden, ihre Waffen zum Kloster zu bringen. ,,Hier war eine Abgabestelle für Munition", fasst Matthias Becker vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie zusammen. Dass diese jetzt im Boden zwischen Saalstraße und Rosalskyweg im Boden vergraben gefunden wurden, war kein Wunder. Es sei zu dieser Zeit nicht üblich gewesen, dass alles geordnet in Kisten abgegeben worden sei, so Becker. ,,Die Munitionsabgabe könnte daher so gelaufen sein, dass erst einmal alles in den Hof geworfen wurde und dabei kann was übrig geblieben sein", so Becker.

Er beruhigte aber und sagte, dass es durch die Funde keine Explosionsgefahr für die Anwohner gegeben habe. Dann wäre das Gebiet längst geräumt gewesen, so der Fachmann. Er fügte zudem an, dass die Dauer dieser Munitionssuche zeitlich absehbar war. Denn es sei bekannt gewesen, in welchen Jahren es die Polizei gegeben habe und daher wüssten die Archäologen auch, wo sie nach den Funden suchen müssen. Die relevanten Bodenschichten befanden sich demnach in einer Tiefe von etwa 60 Zentimetern. Um sicher zu gehen, wurde aber zusätzlich noch einmal 40 Zentimeter tiefer gegraben, informierte dazu die Archäologin Madeleine Fröhlich.

Der Grund habe darin gelegen, dass in den 1950er Jahren die Polizei auf dem Gelände zusätzlich noch Gefängniszellen errichtet hatte. Bei den damit verbundenen Umbauarbeiten könnten Munitionsreste noch etwas tiefer in das Erdreich gelangt sein und hierbei wollten die Fachleute sichergehen.

Es gibt aber außer der Munition noch weitere Funde. So wurde ein nächster Säulenstandort im Bereich des Kirchenschiffes der ehemaligen Klosterkirche entdeckt. Es wird zudem vermutet, dass noch weitere Teile entdeckt werden könnten. Archäologen legen dazu die Fußböden aus den unterschiedlichen Zeiten frei. ,,Mal haben wir Ziegel, mal Gesteinsplatten", sagte Becker. In der Kirche sei damals ja auch bestattet worden, sagte er weiter. Freigelegt werden sollen auch noch die anderen Reste der Klosterkirche. Anhand dieser Artefakte solle die Geschichte und die Individualität der Klosterkirche noch besser beschrieben werden können. Die Planungen für dieses Großprojekt liefen derweil in den Büros des Burgenlandkreises weiter.

Die Vergabeverfahren starten, die Planungsleistungen werden europaweit ausgeschrieben und Firmen beauftragt. Grundlage dafür ist der zukünftige Raumbedarf für Gymnasium, Musik- und Volkshochschule. Es muss beachtet werden, dass die Fenster genügend Licht für Klassenräume geben, Fluchtwege müssen geschaffen werden und das alles unter den Auflagen des Denkmalschutzes.

2018 war noch von Kosten in Höhe von 15 bis 20 Millionen Euro die Rede gewesen. Da die Baupreise aber immer weiter steigen, könnte der Bildungscampus teurer werden, als ursprünglich geplant. Die Höhe ist daher auch noch unbekannt. Erst wenn die Pläne konkretisiert seien, könne eine belastbare Kostenschätzung erfolgen, informierte dazu der Burgenlandkreis. Fest steht aber schon, dass das Projekt mit 25 Millionen Euro gefördert wird. Das Geld stammt aus dem Finanztopf des Förderaufrufes Altstadtsanierung Burgenlandkreis. Der Burgenlandkreis ist nach dem Kauf des Klosters seit Januar dieses Jahres der Eigentümer des Grundstückes. Für welchen Preis er das Objekt erwarb, ist nicht bekannt. ANDREA HAMANN-RICHTER