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Aufmerksamkeit für das künstliche Gelenk

BAKTERIEN: Infektionen und Wunden sollten sehr ernst genommen werden

Aufmerksamkeit für das künstliche Gelenk

Ein künstliches Gelenk ist ein unbelebter Fremdkörper. Es kann sich nicht selbst vor der Besiedelung mit Bakterien schützen. FOTO: WAVEBREAKMEDIAMICRO – STOCK.ADOBE.COM

Etwa 440.000 neue Hüft- oder Kniegelenke werden in Deutschland jährlich eingesetzt. Es sind sichere und erfolgreiche Maßnahmen zur Wiederherstellung von Schmerzfreiheit, Beweglichkeit und sozialer Teilhabe. Zugleich aber gehört die Infektion eines künstlichen Hüft- oder Kniegelenks zu den gefürchtetsten Komplikationen. Etwa 0,5 bis zwei Prozent aller Patienten neuen Gelenken erleiden eine solche sogenannte periprothetische Infektion.Infektionen noch Jahre später möglichDie AE - Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik e. V. empfiehlt Trägern von Gelenkprothesen, jede Infektion und Entzündung ernst zu nehmen und sich im Zweifel ärztlich beraten zu lassen. Erreger aus einem Infektherd können sich über die Blutbahn auf das Implantat ausbreiten und dort vermehren. „Die Besiedelung mit schädlichen Bakterien kann sowohl in der frühen Phase nach der Operation als auch Monate bis Jahre danach auftreten“, sagt Prof. Dr. med. Rudolf Ascherl, Präsident der AE.

Dabei rufen die Erreger zunächst eine Entzündung in der Umgebung des Implantats hervor. Später löst sich der prothesentragende Knochen auf. Schmerzen und eine Lockerung des künstlichen Gelenks sind die Folge.

Vorbeugend auch kleine Wunden behandeln

Die Fachgesellschaft rät deshalb, auch kleine Wunden immer sofort fachgerecht zu desinfizieren und im Auge zu behalten. Rötung oder Schwellung des Gelenks und anhaltende Belastungsschmerzen, sollten umgehend vom Arzt abgeklärt werden.

Bekannt sind verschiedene Auslöser

In seltenen Fällen werden Bakterien während der Operation eingebracht, daneben kommen Erreger durch Zirkulation im Blut zur Prothese. Auslöser dieser über den Blutweg gestreuten Infektionen können größere Entzündungen, etwa von Blase oder Lunge sein. Weitere mögliche Ursachen sind Bakterienquellen wie offene Beine (Durchblutungsstörungen), eine blutig verlaufende Zahnbehandlung, eine Darmspiegelung, bei der Polypen abgetragen werden, oder eine eher unscheinbare Verletzung beim Heimwerken. Trägt der Patient weitere Fremdkörper, etwa künstliche Herzklappen, die sich infiziert haben, können auch diese Keime auf die Prothese verschleppt werden.

Schnelle Behandlung ist wichtig

Normalerweise schützt das Immunsystem den Körper vor einer Ausbreitung von Infekten und bekämpft Keime, die über den Blutweg streuen. Ein Implantat ist jedoch ein unbelebter Fremdkörper. Er kann sich nicht selbst vor der Besiedelung mit Bakterien schützen. Deshalb bleiben Bakterien dort bevorzugt haften und vermehren sich ungestört. Auf der Oberfläche der Prothesen beginnen sie innerhalb von wenigen Tagen, einen Schleimfilm zu bilden. Bakterien, die sich innerhalb dieses sogenannten Biofilms befinden, sind vor dem Angriff durch Antibiotika und des Immunsystems geschützt. Eine realistische Chance, die Infektion durch Antibiotika in den Griff zu bekommen, besteht deshalb nur in den ersten drei Wochen nach Beginn der Symptome. dgk