Aschersleben ANZEIGE

Frischer die Glocken nie klangen …

Weihnachtsstimmung: Auch moderne Musik kann zum Fest für Besinnlichkeit sorgen

Frischer die Glocken nie klangen …

FOTO: IMAGO IMAGES/PEUCETA

Es sind zumeist ausgewiesene Klassiker, die am Weihnachtsabend durch die Wohnzimmer der Republik schallen. Das „Weihnachtsoratorium“ von Johann Sebastian Bach, Tschaikowskis „Nussknacker-Suite“ oder - für ganz Hartgesottene - eines der Kult gewordenen Weihnachtsalben von Heintje. Klassiker wie „Oh du Fröhliche“, „Süßer die Glocken nie klingen“ oder „Leise rieselt der Schnee“ finden sich darauf. Bestenfalls abgespielt auf einem rustikalen Plattenspieler mit dem betörenden Knistern von staubigem Vinyl. Dass die ganze Familie dazu strahlend im Kreise steht und die Kleinen nach bestem Bemühen mitsingen, ist wohl ein Bild vergangener Tage.Weihnachten ist über die Jahre moderner geworden und so haben sich auch zahlreiche Künstler an neuen Klängen für das Hohe Fest versucht. Alternativen zu finden, ist nicht schwer. Denn weihnachtliche Musik gibt es in fast allen Geschmacksrichtungen von Pop über Jazz bis hin zu Heavy Metal. Damit lässt sich die heimische Musikanlage so bestücken, dass alle auf ihre Kosten kommen.

Geschmückt mit pompösem Gewand

Die Pop Musik kann auf zahlreiche Klassiker zurückschauen. Absolute Evergreens, die aus den Einkaufshallen dieser Welt nicht mehr wegzudenken sind, sind etwa das ab Dezember nahezu omnipräsente „Last Christmas“ von Wham! oder das schmalzige „Driving Home For Christmas“ von Chris Rea.

Zwar auch nicht taufrisch, doch als sehr gut gealtert, erweist sich „Christmas“ von Michael Bublé. 2011 erschienen, feiert sein weihnachtlicher Pop-Welthit in diesem Jahr Jubiläum und wird zum zehnten Geburtstag ganz neu als Deluxe-Version aufgelegt. Aufgewertet mit sieben Bonus-Liedern, können die Interpretationen des Kanadiers noch immer überzeugen. Dank des überarbeiteten Sounds, wirken auch Klassiker wie „Let It Snow“ aktuell und schaffen eine gemütliche Atmosphäre.

Etwas opulenter geben sich „For King & Country“ mit ihrem letztjährigen Weihnachtsalbum „Drummer Boy Christmas“. Die Kombination aus traditionellen Adaptionen und modernen Eigenkompositionen schafft eine warme und nachdenkliche Stimmung. Das liegt nicht zuletzt am tiefreligiösen Konzept des australischen Duos, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, auch textlich ein Album zu schreiben, das nicht nur zur hintergründigen Beschallung dient.

Beschwingt rieselt der Schnee

Der Jazz ist neben der klassischen Musik das wohl weihnachtsaffinste Genre und gehört selbst fast schon zu den musikalischen Klassikern am Heiligabend. Ob das 2021 neu aufgelegte Nat King Cole Hit-Album „A Sentimental Christmas“, Chets Bakers „Silent Nights“ von 1986, Dave Brubecks „Christmas“ aus dem Jahr 1996 oder der 1960er Klassiker „Ella Wishes You A Swinging Christmas“ von Ella Fitzgerald – virtuose Trompeten, ein blubbernder Kontrabass und beschwingte Klavier-Rhythmen machen Weihnachten immer zu etwas besonderem.

Dieser Reiz ist auch für heutige Jazz-Musiker nicht verflogen und so liefert allen voran der deutsche Trompeter Till Brönner gemeinsam mit Pianist Frank Chastenier und Bassist Christian von Kaphengst mit „Christmas“ ein reduziertes und zugleich zeitloses Jazz-Album, das sich von klassischen Weihnachtsliedern, modernen Pop-Songs und gemütlichen Lounge-Sounds inspirieren lässt. Ein Tipp für alle, die ein spannendes und ausgewogenes Jazz-Album suchen, das die Festtage versüßt.

In eine ähnliche, wenn auch bodenständigere, Kerbe schlägt Norah Jones mit ihrem diesjährigen „I Dream of Christmas“. Wunderbar gefällige Arrangements aus Klavier, Schlagzeug und der unvergleichlich warmen Stimme der US-amerikanischen Soul- und Jazz-Sängerin, werden Nostalgiker wie junge Jazz-Fans gleichermaßen begeistern.

Spagat zwischen harten Riffs und Romantik

Harte Gitarren und Besinnlichkeit – kann das gut zusammengehen? Nicht unbedingt. Und dennoch haben sich etliche Metal-Musiker an dem schmerzhaften Spagat versucht. Ob der Sodom-Frontmann Thomas Such alias Onkel Tom mit seinem 2000er Weihnachtsalbum „Ich glaub nicht an den Weihnachtsmann“, Judas Priests Rob Halford mit „Winter Songs“ von 2009 oder Twisted Sister mit dem 2006 erschienenen Festtagsschinken „A Twisted Christmas“ – die Kombination ist möglich, doch häufig mit einem Augenzwinkern zu betrachten.

Eher für die gesellige Kneipenfeier als das kuschelige Beisammensein im Familienkreis gedacht, haben diese Alben dennoch ihre Berechtigung. Wer lediglich seine Playlist etwas aufpeppen will, wird bei einzelnen Songs wie „Another Rock and Roll Christmas“ des Ex-Iron Maiden Sängers Paul Di“Anno, King Diamonds „No Presents for Christmas“, AC/DCs „Mistress for Christmas“ oder dem düsteren „Red Water (Christmas Mourning)“ von Type O Negative fündig.

Wer Gefallen an melancholisch-schleichenden Klängen zu Weihnachten gefunden hat, bekommt mit dem 2015er „Christmas“ der britischen Post-Rock-Band Blueneck ein weihnachtliches Ausnahmealbum – fernab von fröhlicher Kunde und Glück für die Welt.

Wem aber bei all der Auswahl nun doch der Sinn nach Tradition steht, der muss sich nicht grämen. Selbst gesungen haben auch die alten Kamellen noch ihren Reiz; man sollte sich dabei nur nicht zu ernst nehmen. Den größten Spaß bringt häufig ein gesunder Mix aus frischen, abseitigen und nostalgisch süßen Klängen. Tobias Naumann